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Energiestrategie der Schweiz auf Zielkurs? Eine Zwischenbilanz

Energiestrategie der Schweiz auf Zielkurs? Eine Zwischenbilanz

Das neue Energiegesetz (EnG) formuliert ein Stromverbrauchsziel von 6‘321 kWh Stromkonsum pro Person für 2035, was einer Reduktion von 13% verglichen mit dem Jahr 2000 bedeutet. Aufgrund der neusten Zahlen dürfte dieses Ziel erreichbar sein. Allerdings ist damit die Stromversorgung der Zukunft bei weitem nicht gesichert.

Ähnlich verlangt das CO2-Gesetz (CO2G), dass der Ausstoss von Treibhausgasen bis 2020 um 30% gesenkt wird verglichen mit dem Ausstoss 1990. Auch hier zeigen die aktuellen Werte in die richtige Richtung. Dies dank der Wirtschaft, die die Brennstoffziele massiv übertrifft. Dagegen ist seitens der Treibstoffe kein wirklicher Beitrag zur CO2-Reduktion erkennbar.

Der Stromverbrauch steigt zwar leicht, die spezifischen Werte werden aber besser

Ende April publizierte das Bundesamt für Energie (BFE) die Verbrauchszahlen von 2017. Der Stromkonsum nahm dabei um 0,4% gegenüber 2016 zu. Da jedoch im Vergleich zum Vorjahr die Bevölkerung gemäss Bundesamt für Statistik (BFS) um 0,9% wuchs, verbesserte sich der spezifische Verbrauschwert um 0,5% von 6‘955 kWh/Person auf 6‘919 kWh/P. Über 10 Jahre betrachtet hat die Industrie am meisten eingespart, der Verkehr ist ungefähr geblieben, Dienstleistungen haben etwas und Haushalte deutlich mehr verbraucht.

Im Referenzjahr 2000 betrug der Stromverbrauch noch 7‘265 kWh/P. Geht man von einer linearen Reduktion über die 35 Jahre bis 2035 aus, so muss der Konsum jährlich um 27 kWh sinken. Wie die Grafik zeigt, lagen die Werte anfänglich weit daneben. In den jüngsten Jahren hat der Trend nun aber gekehrt:

Allerdings ist die Schweiz trotz dieser erfreulichen Entwicklung noch weit entfernt von einer sicheren, zukünftigen Stromversorgung. Das BFS prognostiziert für 2035 eine Bevölkerungszahl von 9‘804‘400 Personen. Multipliziert mit dem spezifischen Zielwert von 6‘321 kWh/P ergibt dies einen Bedarf von rund 62 Milliarden kWh (62 TWh). Sind dannzumal alle Kernkraftwerke abgeschaltet und werden die Vorgaben gemäss EnG für die Produktion aus erneuerbarer Quelle erreicht, so steht diesem Bedarf eine Eigenproduktion von gerademal 48,8 TWh gegenüber. Wie das Manko von jährlich rund 13 TWh (über 20% des Verbrauchs) dannzumal gedeckt werden soll, ist absolut unklar. Ein riesiges Handicap für die Versorgungssicherheit der Schweiz.

Das neue CO2-Gesetz ist in schon Arbeit, doch wie sieht es mit dem jetzt gültigen aus?

Die Klimakonferenzen scheinen sich in immer kürzeren Abschnitten zu folgen. Nach Paris und Bonn trifft man sich im Dezember bereits wieder in Katowice. Dabei geht es darum, die Klimaziele für die Zeit nach 2020 zu konkretisieren und umzusetzen. Nachdem das BAFU die CO2-Emissionen kürzlich für das Jahr 2016 publiziert hat, ist es immerhin möglich, die Umsetzung des heute gültigen Gesetzes zu kontrollieren.

Auch wenn die Ermittlung der Treibhausgasemissionen schwieriger erscheint als die des Stromverbrauchs, kann die generelle Entwicklung relativ einfach verfolgt werden. Im Jahr 1990 emittierte die Schweiz 38,9 Millionen Tonnen CO2. Gemäss heute gültigem Gesetz muss dieser Wert bis 2020 um 30% gesenkt werden, was 27,2 Mio. Tonnen ergibt. 2016 lag die Schweiz nun bei 33,8 Mio. t und somit gemäss nachstehender Grafik einigermassen auf Zielkurs:

Dieses Resultat ist jedoch ausschliesslich der Reduktion der Brennstoffe zu verdanken, sanken deren Emissionen seit 1990 doch um ganze 25%. Dies dank der Anstrengungen der Wirtschaft sowie der Tatsache, dass in dieser Zeit jede vierte Wohnbaute saniert worden ist. Die Treibstoffe emittierten dagegen 5% mehr als vor 26 Jahren und liegen damit weit hinter den gesetzlich gesteckten Zielen. Entsprechend schwierig wird es sein, die im Klimaabkommen von Paris neu festgelegten Werte zu erreichen. Dies besonders auch deshalb, weil die Möglichkeiten der Wirtschaft wohl immer kleiner werden und auf der Treibstoffseite kaum wesentliche Fortschritte erkennbar sind.

René Baggenstos
Geschäftsführender Partner
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